Bürgermeister Christoph Tesche spricht mit Recklinghausen erleben über seine Pläne.
Herr Tesche, was hat Sie motiviert, erneut als Bürgermeister zu kandidieren?
Einer meiner Beweggründe war definitiv die Lust auf das Amt. Bei allen Beanspruchungen hat mir das Amt immer viel Freude gemacht. Außerdem habe ich an vielen Rückmeldungen aus der Bevölkerung gemerkt, dass sie meine Arbeit zu schätzen weiß – und ich übernehme gerne Verantwortung für die Stadt.
Im neuen Rat gibt es neue Mehrheiten. Wird es mit Schwarz-Grün leichter als in der Jamaika-Koalition?
Mit der jetzigen Konstellation sieht es auf dem Papier auf jeden Fall komfortabler aus. Viel bedeutender für mich ist, bei den wichtigen Themen eine breite Mehrheit zu organisieren. Ein weiteres Ziel ist es, die Tonalität im Rat zu erhalten: Wir haben in den vergangenen Jahren immer einen guten und wertschätzenden Umgang im Rat gepflegt und das große Ganze, also das Wohl der Stadt sowie der Bürgerinnen und Bürger, auch über Parteigrenzen hinweg im Blick behalten.
Die Entwicklung der Innenstadt war ein Schwerpunkt der vergangenen Jahre. Welche Stadtteile stehen jetzt im Fokus?
Die Altstadt wird ein Schwerpunkt bleiben. Ich finde es schön, dass man eine positive Entwicklung erkennt, aber alleine durch Corona ist manches in Gefahr. Deshalb unterstützen wir die Gastronomie, Kultur- und Veranstaltungsbranche, um weitere Leerstände zu verhindern, und versuchen, die bestehenden Leerstände sukzessive zu füllen. Dennoch haben wir die Stadtteile nie außer Acht gelassen. Wir sind zum Beispiel sehr daran interessiert, das Toom-Gelände an der A2 zu entwickeln. Ein weiteres Thema wird die Bochumer Straße mit dem Zentrum am Neumarkt sein, wo wir den Einzelhandel sichern möchten. Ein gutes Instrument für die Entwicklung der Stadtteile sind die Quartiersmanager, mit denen wir im Paulusviertel schon gute Erfahrungen gemacht haben. Für das kommende Jahr haben wir uns vorgenommen, das System der Quartiersmanager in anderen Stadtteilen weiter auszubauen.
Hillerheide hat mit der Entwicklung der Trabrennbahn zum Wohngebiet großes Potenzial für die Stadt. Warum geht das Projekt so langsam voran?
Dieses mag auf Außenstehende so wirken, gemessen an dieser Mammutaufgabe, die es zu bewältigen gilt, bewegen wir uns jedoch voll im Zeitplan. Am Anfang stehen viele Planungen, um überhaupt eine Grundlage zu haben, Fördermittel zu bekommen. Dafür haben die Planer gut zwei Jahre gebraucht, aber: Wir haben jetzt bereits die Förderzusage für die kommenden Jahre. Außerdem ist eine Vielzahl an Gutachten zu erstellen. So sind unter anderem Machbarkeitsstudien für den See, Umweltschutz, Ökologie und neue Mobilitätskonzepte erforderlich: Alles muss bedacht werden. Denn dieses hochwertige Areal bietet sich dafür an, neue Wege zu gehen. Deshalb stellen wir Überlegungen für ein auto- bzw. verkehrsarmes Wohnen an – mit einem reduzierten Stellplatzschlüssel und alternativen Möglichkeiten, das Auto außerhalb des Gebietes parken zu können. Dafür werden wiederum neue Fördertöpfe benötig. Solche komplexen Planungen dauern einfach.
Wie kann Recklinghausen zu einer noch familienfreundlicheren Stadt werden?
Der Ausbau von Kita-, Betreuungs- und OGS-Plätzen hat oberste Priorität. Dafür braucht es Platz und kreative Lösungen, wie Kooperationen zwischen Schulen und Kitas, die wir bereits angeschoben haben. Auch ein funktionierendes Schulsystem ist enorm wichtig. Zum Glück haben wir noch alle Schulformen am Ort. Wir haben ein qualitativ hochwertiges Schulsystem und wir sind dabei, die bauliche Qualität immer weiter zu verbessern, durch Sanierungen und Ergänzungsbauten von Schulen. Dabei spielt die digitale Ausstattung eine große Rolle, aber auch ganz grundlegende Dinge: So werden wir 2021/22 sämtliche Toilettenanlagen aller Schulen saniert haben.
Welche Ideen gibt es für Jugendliche?
Wir arbeiten gerade an einem ganz neuen Projekt: „Floor 43“. Die komplette Fläche unter der A-43-Brücke an der Friedrich-Ebert-Straße soll ein parkähnlicher Aufenthaltsort für Jugendliche werden — z. B. mit Skatepark, Basketballplätzen und Graffitiwänden. Generell ist mir ist die Meinung von Kindern und Jugendlichen sehr wichtig. Neben unserem Kinder- und Jugendparlament haben wir dafür eigene Sprechstunden, ich nenne sie gerne: „Frag doch mal den Bürgermeister“, je einmal pro Halbjahr für Grundschulen und für weiterführende Schulen. Hier können Schülerinnen und Schüler in den direkten Dialog mit mir treten — und das ist, wie ich finde, für beide Seiten sehr ergiebig. Grundsätzlich denke ich, dass wir in der Vergangenheit viel bewegt haben, aber es gibt immer Verbesserungspotenzial. Das ist der Entwicklung der Stadt und dem Wandel der Stadtgesellschaft geschuldet — und es zeigt, dass eine Stadt lebt.
Welche Rolle spielt das Ehrenamt in Recklinghausen?
Enorm viele Menschen aus der Stadt engagieren sich ehrenamtlich, und ich kann diese Menschen nur in höchsten Tönen schätzen und achten. Ich besuche viele Veranstaltungen in der Stadt, besonders gerne die, die ehrenamtlich organsiert werden. Ich versuche immer, die Aktiven nach Kräften zu unterstützen. Ohne das Engagement quer durch alle Themen, durch alle Generationen könnte eine Stadtgesellschaft nicht leben.