Stühle raus, Fenster auf, hereinspaziert: Dr. Nico Anklam öffnet die Kunsthalle für eine barrierefreie Begegnung. Mit eindrucksvollen Ausstellungen deutscher und internationaler Kunst lenkt er den Blick auf Recklinghausen – aus der Region und der Welt.
Sie ist eine der schönsten Ausstellungshallen in Deutschland“, schwärmt der Museumsleiter. Ein Studienkollege aus New York beglückwünschte ihn, als er vor eineinhalb Jahren
seine Stelle als Direktor der Museen in Recklinghausen antrat: „Er beneidet mich um die 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in dem ehemaligen Bunker am Bahnhof mit ihren unbegrenzten Möglichkeiten“. Der Kunsthistoriker und Ausstellungsmacher von internationalem Format weiß sie zu nutzen: Seit Juni 2021 hat er schon zehn Ausstellungen unterschiedlicher Größe präsentiert. Noch bis zum 22. April führt die vielbeachtete Ausstellung „Precarious Mountains“ von vier internationalen KünstlerInnen in die Gletscherwelt Svalbards.
Das brennende Fischerboot aus dem Video von Stein Henningsen, in dem der bekannteste Künstler aus Svalbard vor schmelzenden Gletschern rudert, wurde eigens für diese erstmals in Deutschland zu sehende Ausstellung mithilfe eines Dachdeckers über den Balkon in die erste Etage gehievt. Kreativität und Kommunikation, Ausstellungen und Aktionen – Recklinghausens Museumsdirektor weiß auf dieser Klaviatur zu spielen, um seiner Kunsthalle im Verbund der RuhrKunstMuseen wieder zu der internationalen Aufmerksamkeit zu verhelfen, „die sie verdient und einst auch hatte.“ Gemeinsam bieten die 21 Museen der Ruhr-Region die größte Museumsdichte in Europa, so der 41-Jährige: „Unsere Stimme hat Gewicht!“ Der Generationen- wechsel in vielen Häusern habe bereits zu einem regelmäßigen Austausch geführt, und er verspricht: „Wir werden Tolles zusammen machen“.
Spannende Ideen hat der kreative Kopf reichlich. Beispiel: die VideoKunstNächte. Bereits im zweiten Winter sieht man abends und nachts Passanten und Bahnreisende gebannt auf ein „Schaufenster“ der Kunsthalle blicken. „Ich versuche die Menschen auf allen Wegen und über alle Medien für die Kunst zu erreichen“, brennt Nico Anklam für seine Aufgabe. Mit Erfolg: Der „Spiegel“ widmete ihm und der Kunsthalle eine Doppelseite, auf „Instagram“ hat er „die Follower-Zahlen verdoppelt.“
International vernetzt
Die Menschen sollen „hier Freude erleben, die nachwirkt.“ Um Schwellen abzubauen hat der Museumsleiter umgehend das Foyer in ein Café verwandelt und die Terrasse davor mit knallroten Bistrotischen und Stühlen bestückt, „wie sie auch im Pariser Jardin de Luxembourg stehen.“ Die weißen Wände im Eingangsbereich faszinieren mit wechselnden Ausstellungen von zertifizierten Kunstwerken in kleiner, aber erschwinglicher Auflage. Im Kabinett zeigen Meisterschüler der Kunstakademien ihre Arbeiten. 2025 will Nico Anklam zum 75-jährigen Bestehen der Kunsthalle die eigene Sammlung in den Fokus stellen.
Viele dieser 5000 Werke wurden seit 1948 aus den Ausstellungen zum Kunstpreis „Junger Westen“ erworben. Der mit 10.000 € dotierte Förderpreis der Stadt Recklinghausen wird durch die Kulturstiftung der Sparkasse Vest Recklinghausen gefördert und alle zwei Jahre an junge Kunstschaffende verliehen. Außerdem gelang es dem engagierten Museumsleiter ein begehrtes Forschungsvolontariat vom Land NRW einzuwerben: So sichtet zurzeit eine Kunsthistorikerin die Bestände der Sammlung aus den 50er Jahren. Gleichzeitig verfolgt der Kunstmanager mit seinem „tollen Team“ unermüdlich ein Ziel: Die Kunsthalle als Bühne für neue, internationale noch nicht gesehene Kunst zu etablieren. Und damit den Blick auf Recklinghausen zu lenken – aus der Region und der Welt!
"Wir müssen uns im Verbund der RuhrKunstMuseen wieder besser positionieren." - Dr. Nico Anklam, Museendirektor für Recklinghausen
Große-Perdekamp-Straße 25–27
45657 Recklinghausen
https://kunsthalle-recklinghausen.de/